• Startseite

Literatur

Gerhard Baumgartner | Herbert Brettl
Einfach weg! Verschwundene Roma-Siedlungen im Burgenland
Wien, 2020

Bis zu ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten bestanden auf dem Gebiet des Burgenlandes etwa 120 Romasiedlungen mit einer Einwohnerzahl zwischen zehn und 300 Personen. Ihre historischen Wurzeln reichten in zahlreichen Fällen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Nur einige wenige dieser Siedlungen sind heute noch existent. Über 400 historische Bildquellen und Dokumente - zusammengetragen aus österreichischen sowie ungarischen Archiven und ergänzt durch lokalhistorisches Material aus einer Vielzahl von privaten und lokalen Sammlungen - dokumentieren die Geschichte dieser Romasiedlungen im 18., 19. und 20. Jahrhundert.
Für viele Jahrzehnte prägten die zahlreich erhaltenen Bilder der Polizeifotografen der Zwischenkriegszeit das in der österreichischen Öffentlichkeit vorherrschende Bild von der Minderheit der Roma und Sinti. In der Zusammenschau mit Bildern aus den Familienalben der überlebenden burgenländischen Roma sowie den Aufnahmen interessierter Völkerkundler und engagierter Fotografen entsteht ein neues, facettenreiches Bild von der Lebenswirklichkeit der burgenländischen Roma vor 1938 - abseits jeglicher "Zigeunerromantik".
Die Beschreibung der einzelnen Romasiedlungen spannt einen Bogen von den ersten historisch belegbaren Daten über die Verfolgung und Zerstörung während der NS-Zeit bis zur Situation der Überlebenden nach 1945. Die Dokumentation versteht sich als Beitrag zur burgenländischen Landesgeschichte, vor allem aber auch zur Lokalgeschichte der burgenländischen Gemeinden. Gleichzeitig dokumentiert sie den österreichischen Teil der wenig bis gar nicht bekannten Geschichte der mehrheitlich sesshaften Romabevölkerung Mitteleuropas.


Wolfgang Freitag
Der Fall Karl Horvath
Ein Loipersdorfer ›Zigeuner‹ vor dem Linzer Volksgericht
2018

Das Schicksal des aus Loipersdorf, Burgenland, gebürtigen Roms Karl Horvath reflektiert nicht nur viele der Verwerfungen in den ersten Jahrzehnten nach dem Untergang der Habsburgermonarchie, sondern auch die Kontinuität der Verfolgung und Kriminalisierung, der die Volksgruppe der ­Roma in jenen Tagen ausgesetzt war – und gerade dieser Tage von Neuem ausgesetzt ist.
1939 als »Asozialer« nach Dachau deportiert, 1945 aus dem KZ Mauthausen/Gusen befreit, 1946 als vermeintlicher Kriegsverbrecher angeklagt, 1948 vom Linzer Volksgericht verurteilt, 1952 in einer Wiederaufnahme des Verfahrens freigesprochen, doch gezeichnet für den Rest seines – kurzen – Lebens.
Horvaths Kampf um Rehabilitierung, sein anschließendes Ringen um Entschädigung wie die Erinnerungen an ihn in einer Familie, in der er nach seinem Freispruch und bis zu seinem Tod 1971 Aufnahme fand, vervollständigen ein Lebensbild, das singuläre Einblicke in die Welt der unmittelbaren Nachkriegsjahre bietet und gleichzeitig paradigmatisch für Österreichs 20. Jahrhundert stehen kann.